Im Deutschunterricht der 13. Klasse befassten wir uns im Dezember 2020 mit hermetischen Gedichten, also Gedichten, deren Inhalt nicht unmittelbar zugänglich ist, sondern besonderer Methoden der Erschließung bedarf. Das Gedicht “Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens” von Rainer Maria Rilke ist typisch für ein hermetisches Gedicht. Nach seiner Besprechung im Unterricht schrieben zwei SchülerInnen ein Gedicht, in dem sie ihrer persönlichen Interpretation Ausdruck verliehen.
E C H O
Ich erkenne nichts, aber ich höre
das Echo der Berge des Herzens.
Die Melodie der Unwissenheit wird zu Lärm
Er schwillt an und droht zu erdrücken.
Hörst du's?
Geborgenheit von Kälte wird zu Stein,
Erschöpfung macht sich unter den Fühlenden breit.
Das Echo der Berge des Herzens
Dumpf prallt inneres Schweigen gegen Getöse
Das zu zerreißen droht.
Jolanda Heinemeier
Alles was bleibt
Unter den verstummten Buchstaben der Leuchtreklamen,
deren Neonlampen die Schwere der Nacht vertreiben.
Und in den schwarzen Schluchten der Straßen
bleibt der Blick schon lange nicht mehr hängen.
Die Fesseln, die darauf warten, dass sich Handgelenke an ihnen wund winden,
bewachen nicht einmal mehr Hoffnung.
Eine kalte Wüste aus Beton und Glas
in der das Licht nie brannte.
Der einzige Eingang weit und breit
ist eine winzige Tür nach innen.
Kalt und klein starrt er im eisigen Wind in die Leere,
die sich hinter dem Türrahmen in unendlicher Weite vor ihm ausbreitet.
Die Akzeptanz der Stille
ist alles, was bleibt.
Per Timmermann